Sternzeichen und Bauernregeln - Aberglaube oder geheimnisvolle Kräfte aus dem Kosmos

von Max Zintl am 01.12.1992
Sternzeichen u. Bauernregeln - Heft 21

Der Fremdenverkehrsverband Bayerisch-Schwaben hat das Jahr 1992 zum Jahr des Bauern deklariert. In diesem Rahmen zeigten auch die Oberstdorfer Bäuerinnen in einem Lichtbildervortrag den bäuerlichen Alltag im Jahreslauf. Leben und Arbeit des Landmannes sind abhängig von Wetter und Klima, von den Jahreszeiten und vielen anderen Faktoren und stehen in vielfältiger Verflechtung mit dem Kosmos.

Ich möchte mit meinem Beitrag ein wenig erhellen, wie die Bauern im Alpenland, also auch in Oberstdorf, von jeher diese Abhängigkeit erkannten und sich danach richteten. Jahrhundertealte Wetter- und Bauernregeln, uraltes Erfahrungsgut, bezeugen dies heute noch. Kurz und gut, wer sich reichen Erntesegen versprach, richtete sich nach den Sternen.

„Maimolle, des git Knolle”

(Werden Kartoffeln beim Stand von Sonne und Mond im Stier gepflanzt [Molle = Stier], gibt es gute und große Kartoffeln).

„’s Holz machba bloaß im kurze Tag”

(Damit sind die Wintertage gemeint, wenn die Sonne im Steinbock steht, die Nächte sind lang und die Tage kurz).

Solche und ähnliche Bauernregeln kennt jedermann. Manch einer belächelt sie, aber trotzdem sind die meisten uralte Erfahrungstatsachen, die auch heute noch gültig sind. Nachdem die ganze Problematik immer noch zwischen Aberglaube und Wissenschaft steht, soll diese Darstellung zur Klärung beitragen. Wer allerdings einseitig verstandesmäßig ausgerichtet ist und nur die materiellen Seinsbereiche anerkennt, die durch naturwissenschaftliche Untersuchungen ergründet und bewiesen werden können, wird zu dieser Volksweisheit keinen Zugang finden.

Pflanze, Tier und Mensch sind zwar eigenständig, gehören aber doch zusammen und sind hineingestellt in kosmische Verflechtungen mit dem Weltall. Es geht mir hier nicht so sehr um Wetterregeln, sondern um Bauernregeln für die hegende und pflegende Arbeit des Landmannes, der es mit der Natur zu tun hat: Bauer, Gärtner, Förster, Handwerker und Imker.

Im 1. Teil dieser Abhandlung möchte ich die Grundlagen aufzeigen, auf denen die Gültigkeit dieser Bauernweisheiten beruht. Der 2. Teil ist dann der Praxis gewidmet und soll darlegen, wie in der biologisch-dynamischen Landarbeit die kosmischen Kräfte das Pflanzenleben beeinflussen. Das geht vom Säen und Pflanzen bis zum Ernten, von der Arbeit mit dem Holz und am Wasser und vielen anderen bäuerlichen Tätigkeiten bis hin zur Abhängigkeit verschiedener biologischer Prozesse von den Rhythmen des Mondes und der Wirkkräfte der Gestirne.

Sternzeichen u. Bauernregeln - Heft 21

Bild Nr. 1

1. Teil

Grundlage für diese Erfahrungsweisheit ist die heute allgemein anerkannte Tatsache, daß für Wachstum und Gedeihen der Pflanze nicht nur Wasser, Licht, Wärme und Ernährung maßgebend sind, sondern auch Bildekräfte und Energiegefüge aus dem uns umgebenden Kosmos das Pflanzenleben beeinflussen.

Unsere astronomische Heimat ist das Sonnensystem mit dem Zentralgestirn Sonne, der Erde und den anderen Planeten, die um die Sonne kreisen. Den jährlichen Umlauf der Erde (mit Mond) um die Sonne nennen wir Tierkreis oder Ekliptik (Bild Nr. 1). Wenn wir diese Bahn auf das Himmelszelt projizieren, sehen wir ein Band von Sternbildern, das den astrologischen Tierkreiszeichen den Namen gegeben hat. Da wir aber alles von der Erde aus betrachten und die Sonne scheinbar wandern sehen, nennt man die Ekliptik auch »scheinbare« Sonnenbahn.

Von der Erde aus betrachtet, steht die Sonne so jeden Monat vor dem Hintergrund eines anderen Sternbildes. Beim Frühlingspunkt (20./21. März) begonnen, sind es folgende: Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann und Fische. Diese 12 astrologischen Tierkreis- »Zeichen« entstanden durch eine willkürliche Einteilung des Tierkreises in 12 gleichlange Abschnitte. Die echten Stern-»Bilder« sind verschieden lang in ihrer Ausdehnung und decken sich heute auf Grund der Verschiebung des Frühlingspunktes (Präzession) nicht mehr ganz mit den Zeichen.

Ohne ausführliche astronomische Erklärung ist folgendes zu sagen: Vor ungefähr 2.000 Jahren, als Astrologie und Astronomie in einer Blütezeit standen, deckten sich Sternzeichen und Sternbilder noch. Am Frühlingsbeginn, wenn Tag und Nacht gleich lang waren, stand die Sonne im Sternbild Widder. Man nannte diesen Frühlingspunkt astrologisch »Widderpunkt« und begann damit die Zählung des Tierkreises. Nachdem aber der Frühlingspunkt sich in gut 2.000 Jahren um ungefähr ein Sternzeichen verschiebt, steht heute die Sonne bei Frühlingsbeginn nicht mehr im Widder, sondern im Sternbild Fische. Da man sich darum aber nicht kümmerte, nennt man den Frühlingspunkt immer noch Widderpunkt, obwohl er eigentlich Fischepunkt heißen müßte.

Maßgebend für die Bauernregeln sind aber erfahrungsgemäß die echten Sternbilder und deren Wirkungen. Sonne, Mond und Planeten vermitteln diese Wirkkräfte über die klassischen Elemente Wasser, Licht (Luft), Wärme (Feuer) und Erde auf das Pflanzenleben. Die Himmelskörper wirken nicht immer direkt (durch elektromagnetische Strahlen wie bei dem Sonnenwind), sondern haben eine Vermittlerrolle und zeigen uns, wann, wo und wie die kosmischen Energien wirksam werden. Je nach dem Sternbildhintergrund, vor dem Sonne, Mond und Planeten einhergehen, ist die Wirkung eine andere. Neben den Zentralkräften aus dem Erdinneren: dem Vulkanismus und Magnetismus, der Elektrizität und Radioaktivität, die auf das irdische Leben wirken, sind es besonders die kosmischen Kräfte, die mit der Erde, besonders der Pflanzenwelt, in Wechselbeziehung stehen. Es sind dies Urkräfte, geistige Wesenheiten, die in den Himmeslsphären jenseits der Sternbilder liegen. In allen großen Mythologien und Religionen sind solche bekannt und tragen verschiedene Namen.

Bei den Planeten kommen noch die Aspekte dazu, d. h. die Winkelstellungen, die sie zueinander oder zu Sonne und Mond einnehmen. Die bedeutsamste Vermittlerrolle aber nimmt der Mond ein, der über das Wäßrige wirkt. Wie alle Kräfte im Kosmos rhythmisch-periodisch wirken, so ist auch der Mond sehr vielen Rhythmen unterworfen. Er geht bei seinem Lauf um die Erde (rund 27 Tage) an den Sternbildern des Tierkreises vorbei und vermittelt, je nach Sternbild, verschiedene Kräfte auf die Erde. Das bewirkt nun eine spezielle Beeinflussung an den verschiedenen Organbereichen der Pflanze, an Blüte, Blatt, Frucht oder Wurzel (siehe Bild Nr. 2).

Sternzeichen u. Bauernregeln - Heft 21

Bild Nr. 2

Der 1. Rhythmus ist der synodische, das ist der Wechsel seiner Form- bzw. Lichtgestalten: Vollmond und Neumond und die dazwischenliegenden Viertel des ab- und zunehmenden Mondes. Wenn auch in vielen alpenländischen Gegenden diese Phasen immer wieder in den Bauernregeln auftreten, so sind sie, wie die Erfahrung lehrt, nicht so bedeutsam. Viel wichtiger ist der 2. Rhythmus (siderisch) des Mondstandes (siehe Bild Nr. 3). Er zeigt die Sternbildorte an, vor denen der Mond einhergeht. Bei uns sagt man „ibrgände und ündrgände Mong”. Die Schweizer sagen dazu „obsigend” und „nidsigend”.

Der sachlich, wissenschaftlich einwandfreie Ausdruck wäre eigentlich »aufsteigender« und »absteigender« Mond. Leider wird diese Ausdrucksweise fast nicht mehr gebraucht, so möchte ich es beim »ibrgände« und »ündrgände Mong« belassen und versuchen, diese Tatsache zu erklären, weil sie immer wieder falsch ausgelegt wird.

Sternzeichen u. Bauernregeln - Heft 21

Bild Nr. 3

Wie die Sonne im Laufe eines Jahres von ihrem Tiefstpunkt am Himmel (Wintersonnwende) immer größere Bögen beschreibt und immer höher steigt bis zum Höchststand (Sommersonnwende), so ist es auch beim Mond. In seinem monatlichen Lauf um die Erde hat er seinen Tiefstpunkt erreicht, wenn er vor dem Sternbild Skorpion steht. Nun steigt er, mit dem Schützen beginnend, 14 Tage höher, bis er vor dem Sternbild Stier angekommen ist.

Diese 14 Tage dauernde Phase heißt aufsteigender Mond, im Dialekt bei uns »ibrgände Mong«. Das Symbol im Kalender ist eine Mondsichel mit nach oben gerichteten Spitzen (wenn auch der Mond in unserer geographischen Breite niemals waagrecht liegt, sondern mehr oder weniger schräg steht). Nun werden seine Bahnbögen, mit den Zwillingen beginnend, wieder kleiner und niedriger, bis er wieder vor dem Skorpion steht. Diese 14 Tage dauernde gegenläufige Bewegung heißt man absteigender Mond, bei uns »ündrgände Mong«. Das Symbol im Kalender ist eine Mondsichel mit nach unten gerichteten Spitzen.

Es ist dies die für Bauern und Gärtner so wichtige Pflanzzeit (näheres im 2. Teil). Diese Phasen des Mondstandes sind für die Bauernregeln die wichtigsten. Ich möchte eindringlich darauf hinweisen, daß sie gar nichts zu tun haben mit den Lichtgestalten (Mond zu- und abnehmend) und dem Mondlauf (er geht im Osten auf und im Westen unter). Im übrigen ist es auf der Südhälfte unserer Halbkugel gerade umgekehrt.

2. Teil

In den folgenden praktischen Hinweisen möchte ich mich hauptsächlich auf diese 2 Phasen des Mondes beschränken. Darin sind ja alle Mondstände vor den einzelnen Sternbildern enthalten. Aus Bild Nr. 2 ist ersichtlich, daß nicht jedes einzelne Sternbild eine andere Wirkung ausübt, sondern je 3 Zeichen gehören zu einem Trigon gleicher Wirkung. Zu den Hauptarbeiten, bei denen die Zeichen berücksichtigt werden sollten, gehören säen, pflanzen, hacken, gießen, düngen, spritzen (besonders mit dem Fladenpräparat und den Hornmistpräparaten nach M. Thun) und ernten. Alle Pflanzen können einem bestimmten Trigon zugeordnet werden. Es kommt ganz darauf an, in welchem Bereich sie »fruchten« (siehe Bild Nr. 2).

Wurzelpflanzen zu Wurzeltagen (Erdzeichen des Wurzeltrigons)
Radieschen, Rettich, Sellerie, Möhre, Kartoffel, Zwiebel, Chicoree, Pastinak, Petersilie, Schwarzwurzel, Topinambur, Meerrettich usw.

Blattpflanzen zu Blattagen (Wasserzeichen des Blatttrigons)
Alle Salate und Kohlarten, Knollenfenchel und Futterpflanzen.

Blütenpflanzen zu Blütentagen (Luftzeichen des Blütentrigons)
Alle Blumen, Klee, Phacelia, Lein, Raps und andere Ölpflanzen.

Fruchtpflanzen zu Fruchttagen (Feuerzeichen des Wärmetrigons)
Bohnen, Erbsen, Linsen, Tomaten, Gurken, alle Obstsorten, Beeren, Getreide, Auberginen, Paprika, Zucchini usw.

In der Gartenarbeit sollte man sich also nach dem Mondstand und den Zuordnungen richten, um bessere Erfolge zu erzielen. Da man diese Regeln nicht alle auswendig merken kann, ist es am besten, man richtet sich nach einem guten Kalender. Ich persönlich halte die »Aussaattage« von Maria Thun und den »Kalender für den biologischen Garten« am besten. Noch günstiger ist es, man fragt erfahrene Praktiker.

Will man sich diese kosmischen Kräfte zunutze machen, muß man natürlich zuerst die natürlichen Voraussetzungen für Gartenbau und Landwirtschaft beachten. Das wären gesunder Boden, Gründüngung, Fruchtfolge und Mischkulturen, reifer Kompost und gutes, nicht chemisch behandeltes Saatgut usw. Finden diese Faktoren Berücksichtigung, so betreibt man nicht nur Umweltschutz, sondern echten Schutz des Lebens.

Mondstand - ibrgände und ündrgände Mong

Hier ganz kurz eine Charakteristik dieser 2 so wichtigen Phasen des Mondstandes:

Ibrgände Mong (aufsteigend, obsigend)
In dieser Zeit (14 Tage) steigen Säfte und Kräfte in den oberen Teil der Pflanze, Knospen und Reiser werden mit den besten Kräften durchdrungen. Dann also Reiser schneiden und pfropfen; Obst, in dieser Zeit geerntet, hält länger frisch im Lager; Christbäume, in dieser Phase geschnitten, duften besser und nadeln nicht so früh.

Ündrgände Mong (absteigend, nidsigend)
In dieser Phase gehen die Kräfte und Saftströme in den Wurzelbereich. Die Pflanze lebt mehr mit dem Boden. Es ist dies die wichtige Pflanzzeit für Gartenbau und Landwirtschaft. Will man Jungpflanzen vereinzeln (pikieren) oder an einen anderen Ort bringen (z.B. Geranien vom Wohnzimmer auf den Balkon), ist diese Zeit richtig, da bilden sich schnell wieder Feinwurzeln, die sich mit dem neuen Boden verbinden. Es ist auch die Zeit zum Düngen von Wiesen und Weiden und zum Einbringen der Gründüngung. Reiserstecklinge für Bachdämme, in dieser Zeit gesteckt, bewurzeln sich sehr schnell. Beim Mistbreiten verwächst der Mist schnell mit dem Boden. Wurzelfrüchte, in dieser Zeit geerntet (Kartoffeln, Möhren usw.), bleiben lange frisch im Lager. Im Winter (Sonne im Steinbock) ist es die beste Zeit für das Fällen von Bäumen für Nutzholz. Schneiden von Hecken und Bäumen in dieser Phase ist gut, da bleiben Säfte und Kräfte im Baum und gehen nicht mit den Zweigen verloren, der Baum blutet nicht aus.

Nun einige bewährte Regeln für Bereiche, die besonders für Bewohner von Gebirgsgegenden bedeutsam waren und noch sind:

Holzarbeit

Pflanzen von Bäumen in den Abendstunden um die Vollmondzeit; Fällen der Bäume nur zur Winterzeit, wenn der Baum nicht mehr im Saft steht und die Sonne vor dem Steinbock läuft („ma macht ’s Holz im kurze Tag”), am besten im »ündrgände Mong« um die Neumondtage, da hier der Schadinsektbefall am geringsten ist. Aufbewahren von Brennholz nur im »ibrgände Mong«, am besten an Wassermanntagen. Alle Holzregeln, die in den Wintermonaten an ein bestimmtes Datum gebunden sind, bedeuten nur Näherungspunkte und weisen darauf hin, daß die Sonne im Steinbock steht. Läuft auch der Mond noch vor dem Steinbock (Doppelsteinbock), so ist es besonders günstig. Ich habe mit vielen Oberstdorfer Holzfachleuten gesprochen, sie kennen die Zeichen noch von ihren Vorfahren, aber selbst wenden sie sie nicht mehr so oft an, leider! Die Schreiner kaufen das Holz auswärts und haben keinen Einfluß mehr auf die Zeit des Fällens. Die kleinen Handwerker, Brunnenmacher, Schindelmacher, Küfer und Korbmacher richten sich zum Teil noch danach.

Unser einziger Korbflechter Amann sagte mir, daß er sich noch gut daran erinnere, wie er in seiner Jugendzeit mit seinem Vater an die Altwasser der Stillach gegangen sei, um die Weiden, das Rohmaterial für das Körbeflechten, zu schneiden. Sie mußten im abnehmenden Mond, im letzten Mondviertel, geschnitten werden. Sie sollten einjährig sein, damit das Mark noch nicht so stark ausgeprägt war. So waren sie noch geschmeidig zum Verarbeiten.

Genauso berichtete ein Brunnenmacher, daß er sich noch nach den Zeichen richte, und meinte: „Die Zeiche mit deana Hoarn sind fiers Holz am beschte.” Er meinte damit den Steinbock, das beste Holzzeichen. Der Stier, auch ein Hornzeichen, befindet sich im »ibrgände Mong«, in der günstigsten Zeit für die Holzverarbeitung.

Beim Schindeln ist die Beachtung dieser Gegebenheiten noch sehr bedeutungsvoll. Jachemars Marte vum Dietarsbearg macht alle Schindeln noch von Hand, er hat das Handwerk von seinem Vater übernommen. Als ehemaliger Schüler berichtete er mir manch Interessantes darüber. „Dr oalt Jachemar hoat denn gseit: ,A liecht linksschealchs Holz isch br zum Schindle am liebschte, es hot kuin starke Wünd und kliebt güet.’ ” In dieser Aussage sind zwei Tatsachen enthalten, die für die Holzverarbeitung wichtig sind: Je nach Standort (Sonnen- oder Schattenseite, Windverhältnisse usw.) gibt es geradewüchsiges und drehwüchsiges Holz. Beim drehwüchsigen Holz unterscheidet man noch zwischen links- und rechtsdrehendem. Mancherorts spricht man von nachsinnigem und widersinnigem Holz. Diese Ausdrücke haben aber - lokal verschieden - oft entgegengesetzte Bedeutung. Deshalb sind die Ausdrücke »links- und rechtsdrehend« eindeutig und klar.

Nun hat linksdrehendes Holz die Eigenschaft, daß es stark arbeitet, rechtsdrehendes dagegen bleibt ruhig. Das ist besonders für das Schindeln wichtig, denn bei feuchtem Wetter streckt sich die Schindel und läßt so keine Feuchtigkeit durch das Dach. Ist das Wetter schön und trocken, wölbt sich die Schindel ein wenig und läßt Luft und Wärme unten hinein zum Trocknen.

Als man früher die hölzernen Dachrinnen noch ohne Blecheinlage anfertigte, benützte man geradewüchsiges oder rechtsdrehendes Holz, das sich bei Feuchtigkeit nicht verzog. Ansonsten, sagte man, „schüttet die Dachrinne aus”. Als ich als Schüler in meinen freien Stunden oft bei Hüebars Fidel in der Werkstatt zuschaute, wie er Hickoryschier noch von Hand machte und Beil- und Sapinstiele und »Hoanarkufen« aus Buchenholz anfertigte, sagte er mir: „Waischde, do brüchba a Büecheholz, im richtige Zeicha gmachet, des isch no härt und schluift güet i dr Hoand.”

Arbeiten am und mit dem Wasser

Vom Dorfbach ausgehend, der Jahrhunderte als Lebensquell dem »Obersten Dorf« diente, über das Warmatsgundkraftwerk, das 40 % des Oberstdorfer Strombedarfs deckt, bis zum neuen Brunnen am Marktplatz, in dem der Architekt die ganze Symbolik des Wassers verarbeitet hat, wird die Bedeutung des Wassers für den Bergbauern sichtbar. Das Urelement Wasser bedeutet Leben, so taucht es auch in den Bauernregeln immer wieder auf. Da der Mond besonders über das Wäßrige wirkt, ist die Beachtung der Gesetzmäßigkeiten hier besonders wichtig.

Es gibt zwei Hauptregeln:

  • 1. Soll das Wasser nach unten ablaufen, immer den »ündrgände Mong« beachten. Das wäre beim Graben von Senken, die gut ziehen sollen, und beim Entwässern von Sumpfwiesen. Abwässer- und Versickergruben sollten in dieser Zeit gegraben werden. Auch Mauerfundamente sollten im »ündrgände Mong« errichtet werden, damit die Feuchtigkeit später nicht ins Mauerwerk steigt. Beste Zeichen für diese Arbeiten sind Krebs und Skorpion.
  • 2. Soll das Wasser nach oben kommen, ist der »ibrgände Mong« zu beachten. Das gilt für alle Arbeiten an einer Quelle (fassen, reinigen, füttern usw.). Auch das Bohren von Brunnen ist hier angesagt. Dafür sind die Fische ein gutes Zeichen.

Jedesmal, wenn ich unseren Marktplatzbrunnen sprudeln sehe, denke ich an ein „Sprudelerlebnis” meiner Jugendzeit. Die Kemptnerhütte besaß eine Quelle in der Nähe des Hauses, sie wollte nicht mehr so richtig sprudeln. Beim richtigen Zeichen (Fische = im »ibrgände Mong«) „fütterte” der Wirt die Quelle mit Käse und Brot. Und siehe da, am nächsten Morgen spendete sie ihr Wasser reichlich wie ehedem.

Lange Zeit war mir alles unerklärlich; heute weiß ich, daß die kosmische Konstellation nicht Ursache war, sondern den Vorgang beschleunigte und begünstigte. Durch den geriebenen Käse und das Brot wurde eine Unzahl von Erdflöhen und anderem Kleingetier angelockt. Sie bohrten sich durch das Erdreich und befreiten so „mechanisch” den Durchgang und bewirkten das Wiedersprudeln des Wassers. Auch beim Beginn des Stollenbaues des Warmatsgundkraftwerkes wurde die astronomische Konstellation beachtet, die Schweizer Wasserfachleute waren besonders erpicht darauf. Zu weiteren Wasserregeln wolle der Interessierte den Fachmann befragen!

Imkerei

Da die Bienen ganz mit der Sonne leben - die Schweizer sagen »Sunnevögeli« zu ihnen -, lassen sie sich durch die Bearbeitungszeitpunkte in den verschiedenen Zeichen zu den unterschiedlichsten Tätigkeiten anregen. Geschieht die Bearbeitung am Bienenstock an Erd-Wurzeltagen (Stier, Steinbock und Jungfrau), so werden die Völker zu stärkerem Bauen angeregt. Erfolgt die Arbeit im Blütentrigon (Waage, Wassermann und Zwillinge), wird die Bruttätigkeit angeregt, und Pollen wird reichlich eingebracht. Auch die Varroabekämpfung mit Milbenasche (Schädlinge werden im Ofen auf Holzfeuer verbrannt) ist relativ erfolgreich, wenn Sonne und Mond im Stier stehen. Interessenten sei das Bienenbuch von Matthias Thun empfohlen (siehe Literaturangabe).

Landwirtschaft

Einige Regeln, die sich in der Landwirtschaft bewährt haben, seien noch erwähnt:

  • Ausbringen von Düngung im »ündrgände Mong«, gutes Zeichen ist die Jungfrau; ebenso Misthaufen ansetzen, besonders um die Vollmondzeit.
  • Gras, im Skorpion gemäht, wird vom Vieh nicht gerne angenommen.
  • Schwenden von Disteln und Sauerampfer (Striehblätscha) am besten durch mehrmaliges Mähen bei Mondstand Schütze oder Wassermann.
  • Erstmaliges Austreiben des Viehs im »ündrgände Mong«; im »ibrgände Mong« ist das Ausatmen der Sumpfgase aus dem Boden zu stark, die Kühe nehmen kaum Futter auf, gutes Zeichen dafür Jungfrau oder die „ruhige” Waage.
  • Einstellung der Viehweide im Herbst bei zunehmendem Mond (1. Viertel bis Vollmond).
  • Heustock ansetzen bei »ibrgände Mong« in einem Luftzeichen (Wassermann). Huinze auflegen, wenn möglich, auch in einem Luftzeichen.
  • Belegen von Kühen im Stier oder Löwen.
  • Klauenpflege im »ibrgände Mong« um die Neumondtage.
  • Entwöhnen der Kälber um die Vollmondzeit.
  • Neubeziehen eines Stalles im »ibrgände Mong« (Wassermann).

Brotherstellung und Milchverarbeitung

Brotherstellung und Milchverarbeitung waren für die Bergbauern früher eine Selbstverständlichkeit. Jeder hatte so seine Hausregeln, auf die er eingeschworen war. Einige Grundsätze aber galten überall und werden auch heute noch von vielen beherzigt.

Bei diesen Arbeiten waren die Licht- und Wärmetage die besten. Wäßrige Blatttage wurden tunlichst vermieden. Ebenso wirkten sich Tage, in denen der Mond in Erdnähe (Perigäum) oder Erdferne (Apogäum) stand, negativ aus. Auch Mondknotenpunkte (Schnittpunkte der Mondbahn mit der Ekliptik) wurden bei all diesen Tätigkeiten ausgelassen.

Allgemeines

Überliefert sind noch viele andere Abhängigkeiten; interessehalber sei noch der Bezug zur Körperpflege erwähnt wie Haareschneiden und Pflege der Fingernägel. Früher hängte der Bader, so nannte man den Frisör, einen Silberteller als Symbol des Mondes heraus, wenn der günstige Zeitpunkt für den Haarschnitt war. Die Haare sollten bei zunehmendem und »ibrgände Mong« geschnitten werden; das Zeichen Widder versprach dauerhafte Lockenpracht, im S t e i n b o c k dagegen wurden sie kraus und borstig. Die Männer sollten sich im Löwen scheren lassen. Warzen, Grind und Kropf bei abnehmendem Mond behandeln, Nägel nur im »ibrgände Mong« behandeln, damit sie nicht einwachsen. Man möge den Wahrheitsgehalt dieser Empfehlungen selber erproben!

Es gibt natürlich auch viele Regeln, über die man leicht schmunzeln darf, die jedoch Aber- und Irrglaube sind. Eine z. B. besagt: Zwillinge sind gut zum Freien von Jungfrauen und Witwen. Des weiteren sind viele Regeln religiös verbrämter Unsinn. So gelten z. B. einige Tage als Unglückslostage, an denen man überhaupt nichts unternehmen sollte, wie am 3. 4. - Geburtstag von Judas, 1.8.- Luzifer wurde vom Himmel gestoßen, 1. 12. - die Städte Sodoma und Gomorrha sind versunken .

Ich habe versucht, einige Bauernweisheiten in Erinnerung zu bringen. Freilich kann sich nicht jeder danach richten und alle in sein Leben einbauen; aber eines kann jeder, sich wieder mehr der Natur zuwenden, damit unsere Lebensgrundlage nicht noch mehr zerstört wird, als es ohnehin schon der Fall ist.

Zwei Sinnsprüche könnten als Leitlinien dienen, um einerseits alles mit Verstand zu tun und andererseits bewährten Erfahrungsweisheiten wieder den entsprechenden Platz einzuräumen, der ihnen zusteht.

Schweizer Volks Weisheit:

„Lueg nit uf Stier und Skorpio,
nu dyn Verstand muescht walte lo.”

Shakespeare:

„Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde
als sich Eure Schulweisheit träumen läßt.”

20 Jahre Kulturgemeinde - Heft 21

Benützte und empfehlenswerte Literatur:

Maria Thun: »Aussaattage«; »Hinweise aus der Konstellationsforschung«; »Unkraut«, Biedenkopfverlag.
Matthias Thun: »Die Biene, Haltung und Pflege«, Biedenkopfverlag.
Ingrid Gabriel: »Kosmische Einflüsse auf unsere Gartenpflanzen«, Falkenverlag.
G. Hinterseer: »Erde, Mond und Sterne«, Eigenverlag.
Astronomische Jahrbücher.
Viele Erfahrungen stammen aus Unterhaltungen mit Bauern, Gärtnern und anderen einschlägigen Fachleuten.

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