Aus der Chronik des Joseph Ignaz Math - Die Pfarrkirche St. Johannes Baptist zu Oberstdorf

von Leo Huber am 01.06.2013

Zahlreich sind die Eintragungen in der Math-Chronik unsere alte Pfarrkirche vor dem Brand von 1865 betreffend. Sie beginnen mit dem Jahr 991, als der erste Kirchenbau erfolgt sein soll. Dieses Datum ist allerdings nicht belegbar, wird aber von Historikern wie Franz Ludwig Baumann und Richard Dertsch als möglich erachtet. Nicht erwähnt wird von Math hingegen der belegbare Bau der Pfarrkirche im Jahr 1141. Auf einer im 17. Jh. aufgefunden eingemauerten Steinplatte wurde diese Jahreszahl in der Inschrift genannt.

Bei verschiedenen Eintragungen habe ich zur Erklärung bzw. Ergänzung Anmerkungen angefügt. Die Abfolge weicht vom Original ab und ist nach Jahreszahlen geordnet. Wenn J. I. Math von „Blättern” (Passionsblätter) schreibt, sind Gemälde oder Bilder gemeint; den Begriff „Bild” verwendet er für eine geschnitzte Figur. Hinweise von Anton Köcheler und Robert Wohlfahrt wurden in diesem Beitrag eingearbeitet.

Pfarrkirche - Heft 62

Zeichnung der alten Pfarrkirche von Anna Grimm, 1864 im Gästebuch Haus „Zur Färbe”.

991
hat man an der Pfarrkirche den Anfang zu bauen gemacht, der Turm ist sonderheitlich von den Heiden erbaut worden.
Die als „Heiden” bezeichneten Bauleute waren vermutlich „Welsche”, also Italiener oder maurische Spanier. In den südlichen Ländern war man damals bautechnisch in der Lage, Türme in dieser Höhe zu errichten.

1419
den 24. Juni ist die Kirche in Oberstdorf zu Ehren Johannes des Täufers eingeweiht worden.

1660
von den Glocken hat die Grosse die Jahreszahl 1559, die Wandlungsglocke 1678, die Feürglocke 1723 und die Kleine 1658.

Die alte große Glocke von 1478 war zersprungen und wurde 1559 neu gegossen. Pfr. Johann Nepomuk Stützle schreibt 1848 von einem majestätischen Geläut; Franz Alois Schratt berichtet: „Vor 1865 hatte das Geläute folgende Stimmung C S G C H”. (1866 wurden die neuen Glocken einen halben Ton höher gestimmt.)

1673
den 31. März hat man am Karfreitag die Prozession zum erstenmal gehalten welche hochw. Dekan Mayr gestift sind 25 Gaissler gewesen und 50 Kreuzzieher und den 1. April hat man wieder ein Kreuzgang gehalten und haben auch die Weiber zu Nacht Kreuz gezogen. Ist nachgends durch Unfürm bei 20 Jahren abgestellt.

Die Prozession wurde verboten, nachdem sie aus religiösem Eifer allmählich außer Form („Unfürm”) geraten war. Sie ist erst 1797 wieder erlaubt und aufgeführt worden.

1676
am St. Afratag [7. 8.] ist ein solches Ungewitter gewesen, dass zu Oberstdorf der Donner in den Kirchturm geschlagen, dass das Kreuz und Knopf herunter gefallen.

1699
hat man das Chor in der Kirche ausgeweisst auch die Orgel auf die Porkirche [Emporkirche] getan, vorhin ist sie im Chor gestanden. Auch ein Fenster gemacht.

Im Jahr 1699 wurde lt. Petzet, S. 617, auch ein neuer Hochaltar gesetzt.

1710
den 6. May hat man allhier in der Pfarrkirchen die 7 Passionsblätter in die Kirche getan. Hat Johann Jeger Witiber gestift. Kostet in allem 150 fl. Johannes Herz von Fischen hat sie gemalet.

Die Passionsbilder haben den großen Brand von 1865 überlebt, weil sie zu dieser Zeit im Dachboden der Kriegerkapelle gelagert waren.

1711
hat man in unserem Hochaltar 2 Reliquien eingesetzt, nämlich von St. Felicita und St. Regeni.

1715
den 27. April hat man in der Pfarrkirchen das Langhaus unterhalb in der Kirchen mit einem blinden Gewölb anfangen zu bauen und aufgricht, hat an die 300 fl gekostet, den 25. May ist man fertig geworden.

Nach dem Einziehen einer Gewölbedecke (falsches Gewölb) war die Chordecke höher als die Decke im Kirchenschiff.

1718
hat man die Kanzel in der Pfarrkirchen gemacht und die Kosten belauft sich auf 300 fl. Hat Hans Schraudolf, Schreiner gemacht.

1723
ist die Feuerglocke gegossen worden welche gesprungen war, wiegt jetzt 8 Ztr 9 Pfd vorher 7 Ztr 96 Pfd.

1724
den 7. April hat man eine silberne Ampel in unsere Pfarrkirchen gestift. Die Stiftern hat man Michael Weissebachs Witib genannt. Kostet 150 fl.

1724
jetzt fangt man an das Lumbeglöckle zu läuten abends um 9 Uhr so die Wirtschaften müssen leer sein.

Man hat also mit der kleinsten Glocke abends um 9 Uhr die Polizeistunde eingeläutet und den Wirten damit angezeigt, ihre Wirtschaften zu schließen. Im damaligen Volksmund hieß man diese kleine Glocke deshalb die „Lumpenglocke”.

1726
hat man ein neues Wächterhäusle in den Turm gemacht.

Das Nachtwächterhäuschen oder Turmwächterstüble war der Dienstraum des Nachtwächters, der zu bestimmten Stunden den Ort vom Turm herab auf mögliche Brandzeichen zu beobachten hatte. Er konnte somit bei Gefahr ein Hornzeichen geben oder gleich die Feuerglocke läuten. Das Wächterhäuschen befand sich außerhalb des Kirchturms, oberhalb der Schallöffnung des Glockenstuhls, in ca. 36 m Höhe gegen Norden. Siehe dazu auch die Abbildung im Vorsatz des »Oberstdorfer Wörterbuch»; hier ist erkennbar, dass vom Turmhäuschen der Ort nach Norden, Osten und Westen gut zu überblicken war. Die Bebauung im Süden war damals noch nicht von Bedeutung. In der Kellerschen (Schöllanger) Chronik wird erwähnt, dass am 11. 5. 1795 der Blitz in den Turmanbau fuhr und diesen herunterschlug. Das Feuer hat man mit „Milch” löschen können.

1729
hat hochw. H. Pfarrer Lucas Jeger in Oberstdorf die 12 Apostel anbringen lassen, kostet 36 fl.

Diese 12 Apostel waren an der Emporebrüstung aufgemalt.

1731
im Herbst hat man den Palmesel neu gemacht, Franz Schmadl [Schmädl] von hier Bildhauer und der Hyazinth Bösinger, Maler von Rettenberg hat ihn gemalt in allem 50 Gulden.

1732
den 28. May ist der hl. Leib St. Claudi hier angekommen, neben vielen anderen Reliquien. Der Transport von Rom über Augsburg nach Oberstdorf kostet 217 Gulden. Das fassen desselben 240 fl also gesambt 457 Gulden. Den 28. September hat man mit grosser Solemnität [Feierlichkeit] den hl. Leib Claudi eingesetzt in unserer Pfarrkirchen Liebfrauenaltar mit einer schönen Prozession und 8-tägige Solemnität.

Der Liebfrauenaltar stand im südlichen Langhaus. Nach dem Einsetzen der Reliquie des Märtyrers Claudius wurden nun sehr oft Kinder auf den diesen Namen getauft, so z. B. Claudius Vogler (1797 – 1864; Vater von Joseph Anton Vogler), Handelsmann von Hs.Nr. 150, und der Kunstmaler Claudius Schraudolph (1813 – 1891) von Hs. Nr. 248. Für die Gesamtkosten der Überführung der Reliquien hätte man zu damaliger Zeit auch ein stattliches Haus erwerben können.

1741
hat man einen neuen Taufstein aus Marmor in die Kirche gebracht kostet 24 fl.

Demnach ist der Taufstein im Heimatmuseum noch ein Vorgänger dieses Taufbeckens.

1743
hat man in Oberstdorf eine neue Orgel gebracht und aufgestellt, kostet 417 fl und die alte hat man dazugegeben so sie soviel wert gewesen wie die neue.

1784
hat man die Uhr in den Turm gemacht, den 10. Juni ist auch das Wetterläuten von der Kanzel herab abgeschafft und verboten worden.

1791
ist man das erstemal am Fronleichnamsfest mit der Prozession ins Eschfeld gegangen.

Pfarrkirche - Heft 62

Prozession in das Eschfeld auf dem Feldweg (heute Ludwigstraße) um 1920.

1792
hat man die 12 Apostel in die Pfarrkirchen gemacht durch einen Guttäter welche bei 800 fl gekostet haben.

Diese 12 Apostel waren lebensgroße Figuren und in Gold gefasst.

1794
wurde ein neuer Tabernakel in die Kirche von Oberstdorf gemacht, kostet bei 1.500 fl.

1795
kamen am 4. 10. Missionare als Bussprediger nach Oberstdorf bis 11. Okt. Zum Andenken wurde ein Kreuz mit Missionsablass auf dem Friedhof errichtet.

1796
28.3.stiften [die Eheleute] Johanna Tauscher u. Ulrich Huber, Gerber 300 fl für eine Ampel vor dem hl. Kreuz-Altar.

1797
hat man wieder seit 22 Jahren das erstemal, nämlich in der Karwoche Mittwoch u. Donnerstag die Passion oder Leidengeschichte Jesu auf dem Marktplatz allhier gespielt. Eine grosse Menge Leut haben zugeschaut und mit betteln hat man 50 fl 14 Kr. bekommen.

1799
den 19. und 20. März wurde in Oberstdorf die Abendcomedie oder Passion vorgestellt. Es wurde vorgestellt: der Baum des Lebens. Darin Jesus Christus unser Heiland am Kreuz das ganze Menschengeschlecht erlöst. Es kamen auch 108 Reiter vor.

1801
den 11. Aug. hat Josef Renn, Zimmermeister allhier das Kreuz und Knopf ab dem Turm getan und den 14. Aug. wieder aufgestellt. Das Kreuz war ob der Knopfleiste 4 1/2 Schuh und 4 Zoll hoch, das Mittelzwerch 31 1/2 Schuh, die klein Zwerch 2 Schuh u. 4 Zoll mit der Steft in der Zange zusammen 61 1/2 Sch. [ca. 1,92 Meter] wiegt 26 leicht Pfd. Der Knopf hat ein Durchmesser 21 1/2 Sch. und geht 13 Ihme Kern hinein und wiegt 29 Pfd. Die Schriften so im Knopf in einem messingenem Bixlein gefunden sind wenig und unbedeutend.

Wenn man wieder herunter tut findt man mehreres, näml. vom Franzosenkrieg, Viehkrankheiten und anderer Trübseligkeiten.

1801
den 25. Dez. am hl. Tag braucht zum erstenmal die grosse Ampel am Hochaltar.

1803
ist von höchster Stell von der Kanzel publiziert worden dass am Himmelfahrttag das Bildniss Christi nicht mehr an einem Seil solle hinaufgezogen werden.

Diese Anordnung und folgende durch die bayer. Regierung sind Auswirkungen der Säkularisation.

1803
den 25. Dez. als am hl. Tag zu Weihnachten hat man durch oberhirtl. Befehl den mitternächtl. Gottesdienst zum ersten mal Morgens um 5 Uhr gehalten.

1804
den 21. Febr. ist Joh. Evang. Dauscher, Benefiziat zu Loretto gestorben und als erster Geistlicher nach bayer. Verordn. im Friedhof wie ander Leut begraben worden. Sein Alter 72 Jahr.

Bis 1803 wurden alle Priester in Oberstdorf im Chorraum der Kirche beerdigt.

1804
ist von der Kanzel verrufen worden dass die Palmeselprozession so vorhin aus der Pfarrkirche am Palmsamstag in die Klausekapelle aus dieser am Palmsonntag wieder in die Pfarrkirche mit aller Solemnität begangen worden. Jetzt aber wird dieses Bild [der Palmesel] im sogen. Vorzeichen am Samstag aufgestellt und am Sonntag vor dem Gottesdienst prozessionsweis in die Pfarrkirche gezogen.

1804
in folgenden Wochen ist das Passionsspiel unseres Herrn Jesu-Christ und die Kreuzgäng vollkommen verboten und abgestellt worden.

1804
ist ende April von der königl. Reg. verboten, keinem Sterbenden das sogen. Zügglöcklein zu läuten, die Bsingnis läuten nicht mehr als 5 Minuten, bisher ein halb Stund.

Die Bezeichnung „Zügglöcklein” leitet sich ab von dem Sterbenden, der „in den letzten Zügen lag”. Man läutete es bis 1804 dem Sterbenden nach dem Versehen. Die „Bsingnis” war die heute noch übliche „Schiding” (Scheidung), um die Bewoner darauf hinzuweisen, dass jemand verstorben ist. Statt „königl. Reg.” müsste es heißen „kurfürstliche Regierung”, denn Königreich wurde Bayern erst am 1. Januar 1806.

1804
zu Anfang Aug. hat man das letztemal dem Hochgewitter geläutet durch oberhirtl. Befehl, es mag am Firmament zugehen wie es will.

1804
den 4. Nov. am Allerseelensonntag war für Oberstdorf und mehr umliegende Ort der traurigste Tag da wurde das mirakulöse [wundersame] Gnadenbild zu Loretto nachm. um 1 Uhr mit Kreuz und Fahnen herein getragen und in die Pfarrkirche übersetzt. Alles, klein und gross hat geweint. Sie wurde unter dem Scheinbogends in den Frauenaltar [im Schiff links ... übersetzt].

1804
am 2.11. hat Josef Renn, Zimmermeister den Turm und Kirchen allhier durch bayr. Befehl um einen Blitzableiter zu setzen abgemessen. Kirchenlänge mitsamt den Mauern 132 Sch. [Schuh] lang, 58 Sch. breit hoch v. Giebel bis zum Fussboden 75 Sch. 9 Zoll der Turm mitsamt dem Kreuz ist 216 Sch. und ist unten 24 Sch. breit, oben 23 Sch. das Dach mitsamt dem Kreuz bis auf die Mauern 108 Sch.

1804
vorhin ist mit der Wandlungsglocke von Kreuz-Erfund [3. 5. Wettersegen- Beginn] bis Kreuz-Erhöhung [14. 9.] nachmittags um 1 Uhr alle Tag geläutet worden und Herbst und Winterszeit mit der näml. Glocken für die Handwerker ein Zeichen geben, ist verboten.

1806
ist das sogen. Taufhäusle an der Pfarrkirchen, so vorhin von Holz gebauet wieder auf ein neues gebauet worden.

1808
verkündt der Pfarrer auf der Kanzel auf bayr. Befehl dass wenn das Feür am Karsamstag zum Kohle verbrennen kein Feür oder Kohle von gemeinen Leuten darf weggetragen werden.

1813
den 13. Juli ist das neue Altärlein in der Pfarrkirchen allhier aufgestellt worden welches Johannes Socher, Schreiner v. Sonthofen verfertigt hat und Bildhauer [Eberhard] von Hindelang.

1815
sind allhier zu ende des Augustmonats bei den Leichbegängnissen und an den Opfern die sogenannten Klagstauchen und Umschlägle von dem Pfarrherrn gänzlich abgeschafft und sind bei Elisabeth Millerin [untere Müllerin, Frau des Johann Nepomuk Seeweg] zum erstenmal unterlassen worden.

Elisabeth Miller, von Hs.Nr. 5, starb am 24. 8. 1815. Der Stauchen (im Dialekt „Stüche”) war ein weißes leinenes Umschlagtuch, welches klagende Frauen zu Begräbnissen und während der „Klag” als Zeichen der Trauer trugen. Im Walsertal war der Stüche noch sehr lange üblich. Das Dialektwort „stüchewieß” verblieb uns und bedeutet, dass eine Person „leichenblass” wird.

1816
an Maria Himmelfahrt hat man das erstemal die Blumenstöck und die Kanontafeln so mit versilberter Gütlerarbeit gemacht Rahmen auf die Altäre aufgestellt.

1820
dem 14. August hat der Blitz in Kirchturm oben auf das Dach geschlagen und hat ein Loch ungefähr 15 Schuh lang und 6 Schuh breit in der Mitte in hin flach geschlagen ohne das Feür bemerkt worden ist. Man hat das ganz flach Bird [?] oben ausdecken müssen.

1824
den 4. Mai ist der sogenannte Kommunikatenspeisgätter in unserem Gotteshaus [neu] gemacht worden.
Mit dem Kommunikatengätter, an dem die Gläubigen kniend die Kommunion empfingen, wurde der Chor vom Schiff getrennt und ist heute in den Kirchen nicht mehr üblich.

1825
den 21. Dez. ist von höchster Stell wieder erlaubt worden in der hl. Nacht um 12 Uhr den Gottesdienst zu halten so 1803 abgeschafft und solches 22 Jahr geübt worden.

1826
den 23. May ist das gnadenreiche Bild der hl. Jungfrau Maria [von Loretto] in aller Stille und ohne Geleit und Prozession in die Muttergotteskapelle zu Loretto zurück gebracht worden so 22 Jahr in der Pfarrkirche im Frauenaltar gestanden.

Der 1804 von der bayer. Regierung verfügte Abbruch der drei Lorettokapellen – was Gott sei Dank nicht zur Ausführung kam – war der Anlass, die bislang dort befindliche Marienstatue zum Frauenaltar in der Pfarrkirche zu überführen.

1834
den 12. Juni hat man die Denkmäler oder die Tafeln der verstorbenen und vermissten Soldaten, so vom Krieg mit den Franzosen und mit Rossland gestorben sind angehenkt. Gott sei Ihnen gnädig.

1835
hat man die Kirche im Juni eingerüstet und den Anfang gemacht den 14. August hat man die Gerüster wieder entfernt. Man hat die Altäre gereinigt und mit Firniss den Glanz wiedergegeben und in den oberen 4 Fenstern neue Luftflügel gemacht. Alles hat bei 300 fl gekostet.

1837
hat die Gemeinde eine Steinsäge an der Spielmannsau bauen lassen dass man die Marmorstein in der Pfarrkirchen oben im Chor hat legen können.

1839
im Monat July hat man in der Pfarrkirchen ob dem Kommunikatengätter oder im Chor den Marmorsteineren Boden gelegt. Man hat schon 2 Sommer vorhin in der Spielmannsau mit der Steinsäge gesägt.

1840
hat man allhier in der Pfarrkirchen das Chor oder die Chorgestühl wieder frisch gemalet und hat viel Geld gekostet. Von Sonthofen ein Maler Bröll zu Geschlecht genannt und hat die Malerey von Jacobi bis in den Herbst gedauert.

1841
hat man im August das Uhrblatt am Turm wieder neu repariert. Im Jahre 1784 hat man die Uhr in den Turm gemacht und die alten Blätter neu gemalet so hat die Malerey 57 Tage gedauert.

1841
hat man im September in der Pfarrkirche in den Nebenaltären wo die Reliquien nämlich vom St. Claudius und Johannes in den zwei Altären liegen ausserhalb der Rahm und oben auf den Bilderzaun mit Engeln neu vergoldet Kosten 100 fl.

1841
hat sich allhier in Oberstdorf, den 13. Jänner eine auffallende Geschichte, so nach der alten Aussag, beiläufig in 150 Jahren nie gesehen, nämlich ein Jubel-Jahr oder zu verstehen gesagt eine Jubel-Hochzeit vergangen, nämlich:

Der Hochzeiter Rainery Mayer, seines handwerks ein Huter, alt 75 Jahr, die Hochzeiterin Maria-Anna geb. Waibel, alt 85 Jahr. Beide gebürtig aus Oberhingau, da haben sie sich in Oberstdorf ansäßig gemacht und haben allhier die erste Hochzeit gehalten, vor 50 Jahren. Die Anstalten zu dieser Hochzeit, hat sich Herr Pfarrer Kaspar Mayrhofer viele Mühe gegeben und alles angeordnet wie folgt:

Weil diese Hochzeitsleut verarmt und haben diese Zeit im Hürbzins [Miete] zugebracht und grad diesmal bei Hs.-Nr. 242 gewohnet. Vormittag hat der in Gott Herr Pfarrer, der Kaplan und der Benefiziat in Loretto diese in der Behausung abgeholt. Der Kirchgang ist wie folgt: Da waren 45 Paar Jungfrauen, die waren feierlich gekleidet mit Fransen, nachgends die ledigen Burschen, nachgends sein eigener Sohn mit seiner Hausfrau und 3 Töchtern und 4 Knaben, nachgends andere Leut beiderlei Geschlechts und alles feierlich gekleidet, bis in die Kirchen und so nach dem Gottesdienst wieder bis in die behausung. Zeremoniell in der Kirche ist also am ausgang aus dem haus, ist die größte Glocke geläutet worden bis in die Kirche. Hernach sind die Hochzeitsleut mit seines Sohnes Weib und 7 Kinder und die anderen dazugehörigen Erwachsenen, 10 Personen in die Chorstühl, die Hochzeitsleut aber vor den Hochaltar mit einem rot bedeckten mantl geküret.

Da hat der pfarrer eine kleine Anlagung oder Predigt gehalten. nach der predigt ist er vor die Braut-Personen getreten und hat sie gefragt, ob sie so lange sie leben, die schon versprochene Liebe und Treue halten wollen, dann spricht Ja.

Da hat man ein Amt mit mehreren hl. messen gelesen, unter dem Amt beim Oratorium haben die Hochzeiter und alle die dazu gehören und noch mehr andere Leut, ein Opfer, so dem Pfarrer gehöret, abgelegt. Hernach nach der Wandlung sind die Mannspersonen und während dem Amt, sind gewisse Männer stillerweis mit Schüsseln hin und her gegangen und für die Braut-Personen, soviel als ein Geschenk gesammelt. Sie haben 25 fl bekommen.

Das Hochzeitsmahl ist beim gastgeben dem Sonnenwirt gehalten worden ohne tanzmusik. Hochzeitsgäste waren es 45 Personen beiderlei Geschlechts und die haben den Braut-Personen auch viel geschenkt. Was sie bekommen haben in Allem ist nicht bekannt. Nach der allgemeinen Aussag wird es an die 100 Gulden mit viel Silber. An der Kirchentür und am Haus wo die Häusler sind ist vom Weisdaas Kränz gemacht worden.

Nachtrag aus der Math-Chronik

1865
am 5. Mai sind in Oberstdorf 145 Häuser abgebrannt, darunter die Kirche, der Pfarrhof, Schulhaus, alle drei Wirtschaften, die Bäcken und Krämer und überhaupt all die besten Häuser. Das Feuer ist morgens um 1/2 3 Uhr ausgebrochen bei Franz Schratt, wie hat man nicht erfahren. Die Seelenkapelle auf dem Friedhof ist stehen geblieben und diente das als Pfarrkirche am Sonntag wird der Gottesdienst aber in Loretto gehalten. Es wurden in den ersten zwei Jahren mit Hilfe der Assekurranz [Versicherung] und der Wohltäter das meiste wieder aufgebaut, die Kirche, das Pfarrhaus, die Schule, das Rathaus, Wirtshäuser, Krämer sowie alle anderen ausgenommen einige Wenige, welche gar nicht mehr gebaut wurden. Wer während des Aufbauens nicht hier gewesen ist, würde sich kaum mehr ausgekannt haben, da vieles eine ganz andere Richtung erhalten hat, so dass es jetzt mehr einer Stadt als einem Marktflecken gleich sieht.

1866
im September ist an der Kirche ein Gerüst eingebrochen wobei 11 Arbeiter herunter fielen, einer war gleich tot, einer ist am anderen Tag gestorben, verletzt waren die meisten, denn das Gerüst war sehr hoch.

1867
im August ist ein Maurer beim verputzen vom Turm gefallen und war gleich tot, die anderen zwei hingen nur noch so droben, es ist am Kratten ein Seil gebrochen.

Beschreibung unserer alten Pfarrkirche vor dem Jahr 1865

Friedhof: Der alte Friedhof umfasste unsere Kirche auch im Westen und Norden bis weit in den heutigen Marktplatz hinein. Am 20. 5. 1726 wurde die ganze Friedhofsmauer mit Steinplatten aus Stephansrettenberg abgedeckt. Bis zum Jahr 1893 bestanden nur Familiengrabschaften, erst danach wurde auf Reihengräber umgestellt. Nicht mehr belegt wurde der Friedhof ab 1921 und 1950 aufgelassen.

Turm: Vor 1865 war der Kirchturm die ersten ca. 20 Meter ab dem Fundament unverputzt. Schöne Tuffsteinquadern an den Turmecken verzierten das Bruchsteinwerk. Zwei Wappen aus dem Jahr 1514 waren an der Turmmauer gegen dem Marktplatz eingelassen. Vermutlich geschah das anlässlich einer Visitation des Bischofs von Augsburg, Heinrich von Lichtenau. Eine neue Turmuhr wurde im Jahr 1784 eingebaut.

Vorzeichen (Eingang): Laut Petzet im Jahr 1704/05 erbaut, schützte es damals schon vor Kälte und Sturm. Ein gotisches Fresko links vom Eingang wurde durch den Anbau überschnitten. Es zeigte die Apostel Petrus und Paulus.

Pfarrkirche - Heft 62

Ansicht der alte Kirche von Süden vor 1865.

Pfarrkirche - Heft 62

Ansicht der Kirche von Süden nach dem Brand von 1865.

Erkennbar ist die Abgrenzung zwischen Tuffsteinfundament und verputztem Turm. Im vormals kürzeren Kirchenschiff waren drei hohe Fenster und zwei Eingänge

Pfarrkirche - Heft 62

Die Wappen an der alten Turmmauer:

links das Bistumswappen,
rechts das Wappen des Bischofs Heinrich von Lichtenau.

Pfarrkirche - Heft 62

„St. Martinus und Sancta Katherina”,
gezeichnet 1830 von Joseph Anton Fischer.

Kirchenschiff (Langhaus): 1644 wurde die Kirche durch Erweiterung der Fenster „erliechtet”. Der Kirchenboden war aus schwarzem Marmor aus dem Traufberg. 12 lebensgroße Apostelfiguren schmückten, in Gold gefasst, seit 1792 die Seitenwände. 1710 hat man die großen Passionsbilder auch an den Seitenwänden aufgehängt. 1729 wurden die 12 Apostel an der Emporebrüstung aufgemalt. 1715 hat man ein „blindes Gwölb im Langhaus” eingebaut. Seit 1764 zierte diese Putzdecke die Geschichte des Kirchenpatrons Johannes d. Täufers, beginnend im Chor mit der Geburt und Beschneidung des Johannes. Im Langhaus war er dargestellt als Bußprediger vor dem Volk, vor Herodes und Herodias, mit der Taufe Jesu im Jordan, im Gefängnis, die Enthauptung und die Verherrlichung (Glorie).

Außerdem hingen in der alten Kirche noch vier Gemälde, die Pfr. Borgias Heller so beschrieb: „In der Kirche hängen 4 deutsche Gemälde aus dem 15. Jahrhundert. Es sind die auseinandergesägten Flügel eines Flügelaltars, restauriert von Professor [Johann v.] Schraudolph, der die beiden Flügel als Schreinerlehrjunge in Petersthal auffand und geschenkt erhielt. Die Bilder der inneren Flächen sind 1. St. Martin und St. Katherina sowie 2. St. Barbara und St. Vitus martys inclit. Die äußeren Seiten sind 3. die Geburt Samuels gaudet parentes [...] 4. die Botschaft des Engels.” An der Südseite der Kirche befand sich einst das Bild des hl. Christoph.

Nebenaltäre: 1. Im Nebenaltar im Chor auf der Südseite war im Altarblatt der hl. Johannes Cantius dargestellt, dem dieser Altar auch geweiht war.

2. Ein Nebenaltar befand sich im Schiff auf der Südseite. Das Altarblatt zeigte Christus am Kreuz. Der Altar war seit 28. 9. 1732 mit Reliquien des hl. Märtyrers Claudius bestückt und diesem auch geweiht.

Pfarrkirche - Heft 62

I. Vor 1865:
3 Bankreihen, im Kirchenschiff beidseitig je 3 Fenster, 2 Eingänge von Süden.

II. Seit 1866:
2 Bankreihen, verlängertes Kirchenschiff, beidseitig je 4 Fenster, Sakristei vergrößert, 1 Eingang von Süden, Vorzeichen verändert.

(Nicht richtig ist die Darstellung des Haupteinganges im Norden, dieser blieb wie vormals im Westen.)

3. Ein Nebenaltar befand sich im Schiff gegen Norden. Als Muttergottes- Altar hatte er eine große Anziehungskraft und war dem hl. Johannes Nepomuk geweiht. Der Heilige wurde ebenfalls von der Altar-Christi-Bruderschaft, der Rosenkranzbruderschaft und der Immerwährenden Andacht d. hochw. Gutes verehrt.

Kirchendach: Eine sehr große Dachfläche überspannte Chor, Schiff und Turm. Im Jahr 1570 schlossen die Baumeister Ulrich Kappeler und Hans Gross von Oberstdorf einen Vertrag über einen großen Schindelkauf in Bach im Lechtal für die Pfarrkirche.

Bis zum großen Brand am 5. Mai 1865 konnten 1.224 Seelen von der Kirche als Besucher aufgenommen werden. Nach dem Wiederaufbau 1866/67 wurde für über 1.500 Menschen Platz geschaffen. Der Chorraum wurde 1866 abgerissen und das Langhaus um ca. 24 Schuh (ca. 7,20 m) verlängert.

Der Chorraum der Pfarrkirche vor 1865

Kopie der Zeichnung von Franz Alois Schratt, nach Angaben des Kaufmanns Theodor Remlein (geb. 1842, seit 1858 in Oberstdorf ansässig). (Originalzeichnung im Besitz von Robert Wohlfahrt, Oberstdorf)

a) Seitenaltar mit Altarbild des hl. Johannes Cantius, aufgestellt 1813.

b) Das Chorgestühl links und rechts bot je 8 Personen Platz und war schön verziert.

c) Die Beichtstühle befanden sich links und rechts vom Hochaltar und waren mit Stoff verhangen.

d) Das Hochaltarbild stellte darJohannes d.Täufer als Knaben, das Jesuskind und die Mutter Maria, mit der Inschrift „Sehet das Lamb Gottes”; darüber der segnende Gottvater.

e/f) Links und rechts vom Altarbild die lebensgroßen Figuren des hl. Zacharias und der hl. Elisabeth, in Gold gefasst. Außerhalb die hl. Katharina und die hl. Barbara in der gleichen Größe und Machart.

g/h) Nach oben winden sich je drei Marmorsäulen, oben standen der hl. Michael (mit dem Spruch „Qui ut deus” – Wer ist wie Gott) und der hl. Raphael (mit dem Spruch „Surrexit qui major” – Entstanden zu Größerem).

i) Über dem Altarbild stand, mit schöner Verzierung, „J H S” und darüber, eingerahmt von kleinen Säulen, das Brustbild der hl. Agnes mit dem Lamm.

j) Das Deckengemälde zeigte die Geburt und die Beschneidung von Johannes d. Täufer.

Pfarrkirche - Heft 62

k) Im Mittelpunkt im Boden des Chorraums war ein großer Stern eingelegt. Dieser war gefertigt aus Traufberger Marmor und letztmalig eingelegt 1839.

l) Im Seitenaltar im Kirchenschiff gegen Süden ist die Reliquie des hl. Claudius zu erkennen (Pfr. Stützle erwähnt noch einen dritten Seitenaltar, der Jungfrau Maria geweiht).

m) Dargestellt ist eine der 12 lebensgroßen Apostelfiguren, in Gold gefasst.

n) Die Kanzel war rechts im Kirchenschiff und wurde 1718 vom Oberstdorfer Hannes Schraudolf mit Bildhauerschmuck gefertigt.

Die Fahnen:

o) weiße Feelefahne vom 23. 6. 1859,

p) blaue Buebefahne vom 25. 5. 1853,

q) gelbe Weiberfahne vom 30. 5. 1861,

r) rote Mannsfahne vom 7. 6. 1860 (gemalt von Claudius Schraudolph).

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1. Vorsitzender
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