Oberstdorf vor 100 Jahren

von Claudia Joas am 01.06.2015

1914

Januar

  • Der erste Tag des Jahres war ein prachtvoller Wintertag ... Skifahrer zogen kreuz und quer durch das Gelände, Rennschlitten fuhren in aller Eile durch die Straßen und zur großen Sprungschanze zog eine Menge Neugieriger, um das interessante Springen auf der großen Schanze anzusehen. Trotz der 9 Grad Kälte hielten die Zuschauer aus, bis der letzte Sprung vorbei war.
  • Der Oberstdorfer Wetter- u. Wintersportbericht vom 3. Januar meldet: Schneefall, Temperatur 3 Grad unter Null. Schneehöhe im Ort selbst 62 Zentimeter, auf Schrattenwang, Seealpe usw. etwa 2 Meter. Skiföre, Rodel- und Schlittenbahn vorzüglich.
  • Seit 9. Januar mittag haben wir heftiges Schneegestöber. Das Teekonzert im Kaffee Stempfle und das Abendkonzert im Hotel Luitpold waren bei dem ungünstigen Wetter gut besucht.
  • Ein großartiges Bild der Zerstörung bietet zurzeit die Seealpe am Aufstieg zum Nebelhorn. Die gewaltige Lawine, welcher bekanntlich am 9. Januar die große, gutausgebaute Sennhütte zum Opfer fiel, dehnt sich in der Breite etwa 300 Meter aus ... mitten im Lawinenfeld beträgt die Schneehöhe bis sieben Meter.
  • Der Gebirgstrachten-Erhaltungs-Verein Almrausch, der vor kurzer Zeit gegründet wurde, hielt am 10. Januar seine erste Monatsversammlung in der Bahnhofrestauration ab.
  • Im Gasthof zum Hirschen hielt am 13. Januar der Volkstrachtenverein Oberstdorf seinen Faschingsball mit Theateraufführungen, Schuhplattlertänzen usw. ab. Im Kaffee Stempfle fand heute Nachmittag Kaffeekränzchen und abends Bürgerball statt. Der Fasching hat mit diesen Veranstaltungen begonnen.
100 Jahre - Heft 66

Die Sennhütte der vorderen Seealpe wurde durch die Geißfuß-Lawine bis auf die Grundmauern zerstört. Im Herbst 1913 hatte diese Hütte noch als Unterkunft der Jagdgesellschaft König Ludwig III. gedient.

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Die Bahnhofgaststätte, zeitweise auch „Gasthof zum Stern”, diente mit ihrem Saal oft für größere Veranstaltungen der örtlichen Vereine.

  • Im Zeichen des Karnevals kam ein internationales Publikum aus aller Herren Länder am 21. Februar zum Gasthof zur Traube zusammen, wo die Jünger Jahns eine fidele Kneipe veranstaltet hatten ... heute Nachmittag fand vom Trettachhhotel bis auf den Marktplatz ein Schubkarrenrennen mit Hindernissen statt, welches eine große Zuschauermenge anlockte.
  • Ein Sauglück hatten zwei hiesige Oekonomen, welche im Würfelspiel mit einem Schweinehändler ein vierfüßiges Borstentier gewannen.
  • Die Wettläufe des Oberstdorfer Skiklubs verliefen, abgesehen von ein Paar Skibrüchen, glatt und ohne jeden Unfall. Die Beteiligung war gut, die Schneeverhältnisse waren die denkbar günstigsten. Die Wettläufe begannen am Samstag, 17. Januar nachm. 3 Uhr mit dem Sprunglauf an der Sprungschanze bei der Hofmannsruh. Am Sonntag, 18. Januar folgten die Langläufe mit dem Start auf dem Wannenkopf..
  • Der Skilaufverein II in Oberstdorf hielt am Sonntag den 25. Januar seine Wettläufe ab. Gestartet wurde von der Seealpe aus und die ganze Strecke war mehr ein Hindernislauf, weil mitunter überaus schwierige Stellen befahren werden mußten. Siegerzeit 10:31. Abends 8 Uhr fand im Trettachhotel die Preisverleihung statt.
  • Am 30. Januar hielt der Turnverein Oberstdorf im großen Saale des Trettachhotels seinen Faschingsball ab, der heuer besonders glänzend verlief ... Herr Vorstand Lacher eröffnete den Ball. Mit einem Einleitungsmarsch gab die Musikkapelle den Anfang, welchem der „Bauernlümmeltanz“ folgte, ausgeführt von den Zöglingen. Es folgte nun allgemeiner Tanz mit Francaise ... Daß der Verein unter seiner jetzigen Vorstandschaft auf der Höhe der Zeit steht, bewies die Veranstaltung.

Februar

  • Der Katholische Gesellenverein Oberstdorf hielt am 4. Februar im Lokal zum Adler ein Strohschießen ab, welches sehr gut besucht war.
  • Das herrliche Wetter lockt immer noch Gäste an zu längerem Aufenthalt und nicht nur die Hotels, sondern auch Privatwohnungen sind zahlreich besetzt. Skifahrer finden überall noch günstiges Gelände; auf der Rodelbahn herrscht tagtäglich reges Treiben.
  • Schlittenfahrten nach Birgsau, Einödsbach, Schwand, ins Walsertal, über Tiefenbach, [Ober]Maiselstein, Fischen und zurück werden täglich ausgeführt und die Fußgänger finden überall gute Wege zu den mannigfachsten Touren.
  • Am 13. Februar wird in Oberstdorf die Maul- und Klauenseuche festgestellt. Beobachtungsgebiet: die Ortschaft Oberstdorf. 15 Kilometer-Gebiet: die Gemeinden Oberstdorf, Obertiefenbach, Schöllang, Altstädten, Obermaiselstein, Bolsterlang, Ofterschwang, Fischen und Sonthofen.
  • Am 18. Februar fand im Gasthof zum Hirschen der Ball des Feuerwehrvereins statt, welcher sehr gut besucht war. Unter Mitwirkung der hiesigen Musikkapelle huldigte Alt und Jung dem Tanze bis in die frühesten Morgenstunden.
  • Fünf Zwillingspaare haben innerhalb vier Monaten hier das Licht der Welt erblickt. Das fünfte Zwillingspaar wurde am 18. Februar geboren.
  • Im Zeichen des Karnevals kam ein internationales Publikum aus aller Herren Länder am 21. Februar zum Gasthof zur Traube zusammen, wo die Jünger Jahns eine fidele Kneipe veranstaltet hatten ... heute Nachmittag fand vom Trettachhhotel bis auf den Marktplatz ein Schubkarrenrennen mit Hindernissen statt, welches eine große Zuschauermenge anlockte.
  • Ein Sauglück hatten zwei hiesige Oekonomen, welche im Würfelspiel mit einem Schweinehändler ein vierfüßiges Borstentier gewannen.
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Das Trettachhotel des Bürgermeisters Fritz Gschwender war über viele Jahre Standquartier der verschiedenen Theatergesellschaften. Mit dem größten Saal des Ortes zog es auch Veranstaltungen aller Art an.

März

  • Jahresbericht des Verkehrs- und Kur-Vereins Oberstdorf: Mit Ausnahme des Sägewerksbesitzers Herr Albert Gschwender, an dessen Stelle Herr Oekonom Anton Jäger berufen wurde, wurden sämtliche Vorstandsmitglieder wiedergewählt. Herr Dr. med. Otto Reh, prakt. Arzt (Vorsitzender), Herr Albert Dünsser, Malermeister (Kassier), Herr Wolfgang Hohenadel, Förster (techn. Leiter) und 8 Beisitzer, Geschäftsführer Max Stockbauer. Der Mitgliederstand verstärkt sich auf 318 Mitglieder.
  • Mit den Erdarbeiten für das neue Postgebäude wurde am 2. März begonnen. Es stellt einen Anbau an die bisherigen Räumlichkeiten in einer Länge von 16 Metern dar.
  • Die Alpenvereinssektion Mindelheim erwarb von der Jungviehweide- Genossenschaft Taufersberg einen Bodenfläche und ein Wegerecht zur Erbauung eines Unterkunfthauses im Gebiet der Schafalpköpfe. Der Zugang zur Mindelheimer Hütte erfolgt vom Rappenalptal aus.
  • Der Wetter- und Winter-Sports-Bericht Oberstdorf vom 12. März meldet: sonnig 1 Grad unter Null, Schneehöhe im Ort selbst 10 cm, auf Schrattenwang, Seealpe usw. etwa 1 Meter, davon 10 cm Neuschnee; Skigelände sehr gut; Rodelbahn im oberen Teil befahrbar.
  • Am 23. März eilten die Talbewohner in den Gartensaal des Gasthof Hirschen zum Bockbierausschank mit Bockmusik des Oberstdorfer Streichorchesters, welches das bockkonsumierende Publikum in fideler Stimmung versetzte, so daß mancher länger als gewöhnlich sitzen blieb.
  • Das Standesamtsregister der Marktgemeinde Oberstdorf meldet für das 1. Quartal 1914, 24 Geburten, 4 Eheschließungen, 9 Sterbefälle.

April

  • Am 3. April fand vor zahlreichem Publikum auf dem früheren Sägplatz, eine mit dem Feuerlöschapparat „Haydn” vorgenommene Feuerlöschprobe statt. Ein großer Holzhaufen war aufgeschichtet, welcher über und über mit Petrolium getränkt und dann angezündet wurde. Als das Feuer mächtig emporloderte, wurde der trockene, pulverartige Inhalt des Apparates in das Feuer geschüttet, welches im Augenblick gelöscht war, zum Staunen aller Anwesenden.
  • Der Lichtbilderabend des Geflügelzuchtvereins Oberstdorf fand am Palmsonntag im Hotel Mohren statt. Die Bilderreihe zeigte in sehr scharfer und getreuer, zum Teil farbiger Wiedergabe die bekanntesten u. markanten Hühnerrassen, Tauben, Enten und Gänse.
  • Selten war Ostern so herrlich wie heuer. Ein jeder kam auf seine Rechnung. Der Eisenbahnverkehr war sehr stark. Die Radler hatten herrliche Straßen, die Fußgänger hatten überall trockene Wege in der näheren Umgebung und die Wintersportfreunde fanden auf den Höhen des Nebelhorns und in der Umgebung der Rappenseehütte und auf dem Schrattenwang herrlichen Schnee zur Ausübung des Sport, nur musste größte Vorsicht gehandhabt werden, wegen der starken Lawinengefahr.
  • Mit strahlenden Gesichtern sammelten sich die Erstkommunikanten vor dem Pfarrhause um in feierlichem Zuge zur Kirche zu ziehen. 14 Knaben und 25 Mädchen empfingen die erste heilige Kommunion.
  • Der hiesige Feuerwehr-Verein führte das Theaterstück „Lumpazivagabundus” oder „Das liederliche Kleeblatt” auf. Der Reinertrag ist zur Anschaffung einer neuen Feuerleiter bestimmt.

Mai

  • Am 3. Mai sprach in Oberstdorf der liberale Landtagsabgeordnete Bühler aus Zweibrücken über die politische Lage in Bayern.
  • Der neue Postumbau ist nun glücklich unter Dach gebracht.
  • Am 17. Mai hielt die kgl. privil. Schützengesellschaft Oberstdorf ihr Eröffnungsschießen ab ... mittags zogen die Schützen in festlichem Zuge unter schneidigen Märschen der hiesigen Musikkapelle durch die Oststraße zur Schießstätte.
  • Am 18. Mai stürzte die Straßenlokomotive der Firma Leonhard Moll in München, die den Transport von Material nach Wasach besorgte, über eine vier Meter hohe Böschung hinab. Der Fahrer wurde schwer verletzt und verstarb im Oberstdorfer Krankenhaus.
  • Alpines - In Oberstdorf im Hotel zur Sonne fand der Führertag statt, der von den meisten Führern aus Oberstdorf, Sonthofen und Hindelang besucht war. Bei der Wahl des Führerobmannes wurde Herr Volderauer einstimmig wiedergewählt.

Juni

  • Leider waren die beiden Pfingstfeiertage, auf welche mancher schon große Pläne für seine Ausflüge und Touren gemacht hatte, wieder total verregnet. Annehmbarer war der Besuch der Breitachklamm, wo am Pfingstmontag 400 Besucher waren.
  • Seit gestern, 11. Juni, ist mildere Witterung eingetreten und ein klarer Himmel veranlaßte die Landwirte zur Senße zu greifen und bis zum Abende standen tausende von behangenen Heinzen in den Wiesen. Der heutige Morgen brachte jedoch in den frühesten Morgenstunden leichten Regen und ratlos standen die Erbauer der Altäre zur Fronleichnamsprozession da. Aber der Himmel hatte ein Einsehen. Mit Hochdruck wurde nun gearbeitet, so daß bis 8 Uhr die Altäre und Straßen in herrlichem Fronleichnamsschmucke prangten. Böllerschüsse und Glockengeläute gaben die Ankunft bei jedem Altare bekannt und fast drei Stunden währte es, bis die Prozession wieder in der Kirche eintraf.
  • Die neue Sennhütte auf der Seealpe ist bereits unter Dach gebracht und bildet einen stattlichen Bau.
  • Petri heil! Von einem Kurgast wurde im Christlessee eine neunpfündige Forelle gefangen, welche einige Tage im Fischbassin des Hotels „Christlessee“ zu sehen ist.
  • Die Fremdenliste Nr. 4 vom 20. Juni verzeichnet in der Zeit vom 17. bis 20. Juni 215 Kurgäste und 47 Passanten. Vom 1. Mai bis 20. Juni 1.446 Kurgäste und 524 Passanten, insgesamt 1.970 Personen. Aus dem Auslande sind zu längerem Aufenthalt eingetroffen Gäste aus London, Genf, New-York, Wien, Aurich und Mexiko.
  • Am 21. Juni fand im Hotel zum Hirschen eine Interessenversammlung unter dem Vorsitz des Vorstandes vom Verkehrs- und Kurverein, Herrn Dr. Reh, betr. Erbauung eines Kurhauses statt. Nach längerer Debatte wurde ein Ausschuß von 9 Mann gebildet, der sich mit der Sache beschäftigen soll.
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Bis zum Beginn des Alpsommers war die Sennhütte der vorderen Seealpe wieder aufgebaut. Allerdings steht sie nun an einem lawinensicheren Ort.

  • Die Rappenseehütte ist vom 24. Juni ab geöffnet, die Bewirtschaftung liegt wieder in den bewährten Händen des Gastgebers Mayer von Birgsau. Der Heilbronner Weg liegt noch vollständig unter Schnee und kann nur von hervorragenden Touristen begangen werden. Die Kempter Hütte ist schon seit Pfingsten offen.
  • Zur Unterhaltung der Fremdengäste ist der altbekannte Zithervirtuose Spiwak im Hotel Sonne aufgetreten und fand reichen Beifall vom vollbesetzten Hause. Im Hotel zum Hirschen traten die Original-Schuhplattler auf (im früheren Jahren im Kaffee Stempfle) ebenfalls vor vollbesetztem Hause. Im Trettachhotel fand die Eröffnungs-Vorstellung des Saisontheaters statt mit dem 4 aktigen Volksstück „Im Austragsstüberl” von dem heuer zum viertenmale gastierenden Schlierseer Bauerntheater.
  • Aus Sarajewo, der Hauptstadt von Bosnien, kommt die erschütternde Nachricht, daß der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand sowie dessen Gemahlin, die Herzogin von Heuberg am 28. Juni ermordet worden sind.

Juli

  • Von einer Anzahl Mitglieder der Alpenvereinssektion Mindelheim wurde gelegentlich einer Bergfahrt im Gebiet des Kempter- und Elferkopf, wohin das Mindelheimer Haus zu stehen kommt, ein großes eisernes Kreuz aufgestellt. Dasselbe wurde gemeinschaftlich von den Mindelheimer Herren zum Taufersberg getragen. Ein von S. M. König Ludwig gesendetes Huldigungstelegramm wird vorgelesen.
  • Die Fremdenliste Nr. 8 vom 6. Juli verzeichnet 236 Kurgäste und 213 Passanten. Seit 1. Mai waren anwesend insgesamt 3.102 Personen.
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Der Zithervirtuose August Spiwak war ein gefragter Unterhalter, insbesondere dann, wenn er mit dem Leiter des Streichorchesters Josef Walter zusammenspielte.

  • Die neuen Postlokalitäten sind seit 7. Juli zum ersten Male für den öffentlichen Verkehr geöffnet worden. Wenn auch der Neubau des hiesigen Postgebäudes gerade keine Zierde ist und vom Volkswitz schon mit verschiedenen Namen belegt wurde, so ist doch die Inneneinrichtung ganz der Neuzeit entsprechende. Als Neuheit sind auch Schließfächer angebracht worden.
  • Der erste Bergunfall in den Bergen ereignete sich am 14. Juli an der Höfats.
  • Das Bezirksamt Sonthofen erlässt eine distriktspolizeiliche Vorschrift zum Schutz der Pflanzen.
  • Wer in Oberstdorf angekommen, auf der Wohnungssuche die Straßen des Dorfes durchwandert, wird in erster Linie in denjenigen Häusern Umfrage halten, deren Fenster mit dem Zettel „zu vermieten” beklebt sind. Wie sich aber in nicht wenigen Fällen ergibt, ist schon längst alles vergeben. Aergerlich geht der Fremde seine Wege, um in der nächsten Straße die gleichen Erfahrungen zu machen.
  • Der hiesige Turnverein hatte wahrlich ein Wetterglück mit seiner Festlichkeit anläßlich seiner 25jährigen Gründungsfeier ... Mit den Vormittagszügen trafen die Vereine aus der Umgebung ein, besonders lebhaft beteiligten sich die Vorarlberger Turnvereine ... Um 1/2 1 Uhr bewegte sich der Festzug vom Traubengarten durch die Hauptstraße zum Festplatz auf der Schießstätte, wo sich bald ein reges turnerisches Leben entwickelte ... die Turner übten sich im Weitsprung, im Kugelstoßen, im Schleuderball sowie Freiübungen, am Reck und Barren ... angetreten zum Wettkampfe waren 47 Turner. Insgesamt wurden 29 Eichenlaubkränze überreicht.
  • Die Fremdenliste Nr. 13 vom 22. Juli verzeichnet im Ganzen 7.588 Personen. Am 21. Juli waren anwesend: 3.533 Kurgäste (Passanten nicht mitgerechnet).
  • Große Aufregung herrscht seit gestern, 25. Juli, in allen Schichten der Bevölkerung, besonders aber unter den aus Österreich anwesenden Kurgästen, welche infolge des serbisch-österreichischen Konfliktes sich zur Abreise rüsten. Die Morgenzeitungen waren in kurzer Zeit ausverkauft und die tagsüber erscheinenden Extrablätter fanden reißenden Absatz.
  • Durch K. Verordnung vom 31. Juli 1914 ist mit sofortiger Wirksamkeit über das Königreich Bayern der Kriegszustand verhängt worden.
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Südlich an das Bahnhofsgebäude schloss sich das kgl. Postamt an. Seit 1853 war die „Postexpedition” in verschiedenen Privatgebäuden Oberstdorfs untergebracht.

August

  • Infolge der Kriegswirren war es in den letzten Tagen eine fürchterliche Aufregung ... auf dem Bahnhof herrschte auf jeden Zug ein Rennen und Hasten, Wagen mit hochbeladenen Koffern, dazwischen kleine Handwagen zu Dutzenden. Kaum war ein Zug abgefertigt, wurden Billete für den nächsten Zug gelöst. So entführte ein Zug nach dem anderen hunderte von Fremden und heute ist Oberstdorf wie ausgestorben. Nur auf dem Bahnhof ist es noch immer lebendig und jeder Zug noch mit Verstärkungswagen ausgerüstet, um die Reservisten zu befördern, welche dem Rufe des Königs folgen.
  • Laut ministerieller Entschließung fällt das Oktoberfest heuer wegen des Krieges aus.
  • Erbprinz Luitpold von Bayern stirbt am 27. August in Berchtesgaden an den Folgen einer Halsentzündung.

September

  • In den letzten Tagen fand der Jäger Berktold im Mutzentobel den Rucksack, den Hut, den Bergstock und das Taschenmesser von dem seit vorigem Herbst vermißten Schweiger aus Augsburg. Vermutlich liegt die Leiche noch unter den Schneemassen.
  • Am 10. September verschied in einem Alter von 76 Jahren der seit 44 Jahren hier ansässige Hofrat Dr. med. [Ulrich] Reh. Ein arbeitsreiches Leben liegt hinter ihm. Als langjähriger Vorstand und Gründer des Verschönerungsvereins hat sich Herr Hofrat Reh große Verdienste erworben. Der Aufschwung des Fremdenverkehrs ist größtenteils ihm zu verdanken. Der Turnverein Oberstdorf wurde ebenfalls durch den Verlebten gegründet. Seine ganze Kraft aber setzte er ein, wenn es galt den Liberalismus zu verteidigen.
  • Die für das Rote Kreuz in hiesiger Pfarrei vorgenommene Sammlung ergab bis heute die schöne Summe von Mark 4.643, außerdem Mark 173 für verkaufte Schleifchen und einen großen Bestand von Bett- und Leibwäsche sowie in Nahrungsmittel und Tabak. Ferner hat die Gemeindeverwaltung Mark 1.000 für bedürftige Angehörige der aus hiesiger Gemeinde im Felde stehenden Krieger zur Verfügung gestellt.
  • Augsburger Diözesan-Nachrichten vom 23. September. Angewiesen wurde der hochw. Herr Heinle Alois, Geistl. Rat und Pfarrer in Oberstdorf als Vikar excur. der Pfarrei Tiefenbach.
  • Bei denkbar schlechtestem Wetter fand am 21. September der Abtrieb von den Alpen statt. Infolge starken Schneefalls mußten die Tiere teilweise schon am Sonntag (19. September) zu Tal ziehen. Es ist allbekannt, daß auf jeder Alpe, wo kein Stück Vieh zu Grunde geht, das schönste Stück mit einem Blumenkranz dekoriert wird. Auf der Alpe Hintertaufersberg war dieses heuer zum ersten Mal seit 72 Jahren wieder der Fall, zur großen Freude der Hirten und der Viehbesitzer.
  • Beim 1. Amtsgericht Sonthofen wurden aus Oberstdorf Graßl Johann, Braumeister, und Weitenauer Leo, Oekonom, zu Hauptschöffen gewählt.
  • Trotz der ernsten kriegerischen Zeiten schreitet der Bau der großen Volksheilstätte bei Wasach recht rasch vorwärts. Es gelingt vielleicht noch vor dem endgültigen Einzug des Winters, einen Teil unter Dach zu bringen.
  • Auf der hiesigen Schießstätte finden jeden Sonntag Schießübungen statt für junge Burschen von 16 – 20 Jahren, nebst Anweisungen in der Handhabung der Waffen.

Oktober

  • Während gestern (4. Oktober) mittags eine Vorprobe der hiesigen Feuerwehr stattfand, hielt man nachmittags die Hauptprobe ab, die zur vollsten Zufriedenheit ausfiel, trotzdem der größte Teil der freiw. Mannschaft im Felde steht. – Auf eine am letzten Sonntag im Trettachhotel einberufene Versammlung des Turnvereins betr. Gründung einer Landessturmriege meldeten sich 36 Mann. Die Leitung hat liebenswürdigerweise Herr Gg. Buhl übernommen. – Fast jede Woche treffen jetzt zur Erholung und Genesung einh. Verletzte ein.
    Die zuerst Eingetroffenen sind schon wieder zu ihren Truppenteilen eingerückt.
  • Der Viehmarkt am 5. Oktober war stark befahren und waren auch viele Händler eingetroffen. Die Preise waren stark gedrückt, durchschnittlich galt jedes Stück 100 Mark weniger wie früher.
  • 11. Oktober - Die erste größere Hauptübung der neu gegründeten Landessturmriege fand heute statt. Mit der stattlichen Zahl von 60 Mann gab es einen Reisemarsch ins Birgsauertal, wo die Übungen stattfanden. Die Mannschaften waren mit Mantel und Gewehr ausgerüstet, während die Feldküche mit dem nötigen Proviant mittels Fuhrwerk befördert wurde.
  • Eine größere Gesellschaft Kempter Herren traf ein, Mitglieder des d-öst. AV, welche in Birgsau übernachteten und dann den Weg zur Rappenseehütte unternahmen, um dort die wollenen Decken zu holen, welche den verwundeten Soldaten in den Lazaretten zur Verfügung gestellt werden sollen. Ein großer Teil der Herren war mit Skiern ausgerüstet, um mit dem Nützlichen zugleich das Angenehme zu verbinden. Die Herren fuhren 6.44 wieder heimwärts, während eine andere Gruppe nach der Kempterhütte wanderte.
  • 14. Oktober – der heutige Gallusviehmarkt fand bei herrlichem Wetter statt. Derselbe war gut befahren, da auch aus der Umgebung ziemlich viel Vieh zugetrieben wurde.
  • Die Firma Gustav Stempfle’s Nährmittelfabrik in Oberstdorf stellte in anerkennenswerter Weise sämtlichen Lazaretten und Kliniken für Magen- und Darmkranke 1.200 Pakete Zwieback und 300 Dosen Zwiebackmehl für Kraftsuppen gratis zur Verfügung und sind bereits solche Sendungen an Lazarette und Kliniken nach Metz, Saarburg, Zweibrücken, Göttingen, Jena und Straßburg abgegangen.

November u. Dezember k.E.

Quelle: »Allgäuer Anzeigeblatt«, Jahrgang 1914. Am Samstag, 31. Oktober 1914, findet sich die letzte Zeitung des Jahres 1914 im Archiv der Allgäuer Zeitung.

Anmerkung: Mit Ausbruch des Krieges ändert sich die Berichterstattung der Zeitung grundlegend. Meldungen aus Oberstdorf werden rar, über das gesellschaftliche Leben wird nicht mehr viel berichtet. Im Vordergrund stehen nun Berichte über den „europäischen Völkerkrieg“ und „Lage der Nation“.

Kontakt

Verschönerungsverein Oberstdorf e.V.
1. Vorsitzender
Peter Titzler
Brunnackerweg 5
87561 Oberstdorf
DEUTSCHLAND
Tel. +49 8322 6759

Der Verein

Unser gemeinnütziger Verein unterstützt und fördert den Erhalt und Pflege von Landschaft, Umwelt, Geschichte, Mundart und Brauchtum in Oberstdorf. Mehr

Unser Oberstdorf

Seit Februar 1982 werden die Hefte der Reihe "Unser Oberstdorf" zweimal im Jahr vom Verschönerungsverein Oberstdorf herausgegeben und brachten seit dem ersten Erscheinen einen wirklichen Schub für die Heimatforschung. Mehr

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